Mit Beschluss vom 06.04.2016, Az. 1 STR 523/15 führte der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung dahingehend fort, dass an eine Schätzung im Strafverfahren hohe Anforderungen zu stellen sind und die Ergebnisse der Schätzung aus dem Besteuerungsverfahren nicht ungeprüft übernommen werden dürfen.
Der Entscheidung lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde: Die Angeklagten betrieben Taxiunternehmen bei dem die Mitarbeiter ihre Arbeitsstunden auf sogenannten Fahrtenkontrollblättern erfassten. Um Steuern und Sozialabgaben zu verkürzen, hatten die Angeklagten mit ihren Mitarbeitern vereinbart, dass sie nicht die tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden, sondern jeweils weniger als diese auf den Fahrtkontrollblättern eintrugen. Es wurden zudem Tachometer manipuliert. Buchhaltungsunterlagen aus denen genaueres zu Arbeitsstunden und gefahrenen Kilometern hätte ersehen werden können, fehlten. Das Landgericht konnte von daher die Höhe der Verkürzung nicht feststellen und schätzte die Besteuerungsgrundlagen. Grundlagen der Schätzung waren die in den Jahren gefahrenen Kilometer der einzelnen PKW, aus denen das Landgericht die Umsätze für die jeweils genutzten PKW ermittelt hat.
Das Landgericht war zur Schätzung berechtigt, da feststand, dass die steuerpflichtigen Angeklagten ein Besteuerungstatbestand erfüllt hatten, die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Bemessung der Steuer maßgebend waren, aber ungewiss waren. Die Angeklagten hatten ihre steuerlichen Umsätze und Einnahmen bewusst falsch aufgezeichnet, damit waren die Ursprungsaufzeichnungen unrichtig.
Allerdings erwies sich die von dem Landgericht gewählte Schätzungsmethode als rechtsfehlerhaft.
Die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen einschließlich der Schätzung obliegen dem Tatrichter in freier und eigenverantwortlicher richterlicher Überzeugungsbildung. Das Landgericht hat in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen, wie es zu den Schätzungsergebnissen gelangt ist, so der Bundesgerichtshof. Die Schätzung ist so vorzunehmen, dass sie im Ergebnis einem ordnungsgemäß durchgeführten Bestandsvergleich bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmeüberschussrechnung möglichst nahekommt. Sie muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Unüberwindbare Zweifel müssen sich bei der Schätzung zu Gunsten des Angeklagten auswirken. Es müssen von daher die vom Besteuerungsverfahren abweichenden Verfahrensgrundsätze eingehalten werden. Erforderlichenfalls hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang festzustellen. Im Endeffekt bedeutet dies, dass der Tatrichter die Schätzung der Höhe nach auf den Betrag zu begrenzen hat, der „mindestens" hinterzogen worden ist. Auf keinen Fall dürfen Schätzungen im Besteuerungsverfahren ungeprüft im Strafverfahren übernommen werden.