Es liegt nunmehr die zweite Entscheidung eines Oberlandesgerichtes zur Verwertung von Dashcam – Aufzeichnungen vor. Mit Hinweisbeschluss vom 10.08.2017, Az. 13 U851/17 hat das OLG Nürnberg sich im Einzelnen hierzu verhalten. Bereits mit Beschluss vom 27. 6. 2016 hat das OLG Hamburg, Az. 1 REV 12/17, eine Verwertung für zulässig erachtet.
Nach Ansicht des OLG Nürnberg können Dashcam – Aufzeichnungen zur Beweisführung nach Verkehrsunfällen im Zivilprozess verwendet werden. Ein Verwertungsverbot ergebe sich nicht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach Art. 2 Abs. 1 GG. Die datenschutzrechtlichen Erwägungen stehen einer Verwertung der Aufzeichnungen ebenfalls ebenso wenig entgegen wie Erwägungen nach dem Kunsturhebergesetz.
Das LG München hatte mit Beschluss vom 14.10.2016 die gerichtliche Verwertbarkeit von Dashcam- Aufzeichnungen zwar ebenfalls bejaht. Entscheidend aber darauf abgestellt, ob eine permanente oder eine anlassbezogene Aufzeichnung stattfinde. Entscheidungserheblich sei auch, ob eine automatische Löschung oder Überschreibung der Aufzeichnung innerhalb bestimmter Zeiträume erfolgt.
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat mit Beschluss vom 12.10.2016 festgestellt, dass der Gebrauch einer Dashcam, durch die Privatpersonen Verkehrsverstöße dokumentieren, einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz darstellt. Ebenso hatte auch das Landgericht Hamburg in dem anlasslosen Aufzeichnen einen Datenschutzverstoß nach § 6 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gesehen. Nach Ansicht des Landgerichtes Hamburg folgt aus diesem Verstoß ein Beweisverwertungsverbot. Das OLG Hamburg sah in seinem aufhebenden Beschluss vom 27.06.2016 die Rechtslage anders. Notwendig sei eine umfassende Abwägung im Einzelfall, wessen Interessen überwiegen würden. Es seien hierbei die Interessen der Betroffenen zu berücksichtigen aber auch das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafverfolgung.
Das OLG Nürnberg kam wie das OLG Hamburg im Rahmen einer Interessenabwägung durchaus zu dem Ergebnis, dass Dashcam Aufzeichnungen verwertet werden können, wenn im Rahmen einer Interessenabwägung davon auszugehen sei, dass die Interessen des Aufzeichnenden überwiegen.
Weder das OLG Hamburg noch das OLG Nürnberg gingen allerdings auf die Entscheidung des EuGH vom 11.12.2014, Az. C212/13 ein noch berücksichtigten sie die Richtlinie 95/46/EG des europäischen Parlamentes und Rates vom 24. 10. 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Der Entscheidung des EuGH lag ein Streit über eine an einem Wohnhaus installiert Überwachungskamera zu Grunde. Es war in der Vergangenheit zu vermehrten Angriffen durch Unbekannte auf das Wohnhaus gekommen. Die Kamera filmte den Hauseingang aber auch den öffentlichen Straßenraum. Der EuGH kam in seiner Entscheidung zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine Videoüberwachung zum Schutz des Eigenheims nicht erlaubt ist, soweit sich die Videoüberwachung auch auf den öffentlichen Raum erstreckt.
Eine Videoüberwachung sei nur erlaubt, wenn sie in der ausschließlich persönlichen oder familiären Sphäre desjenigen vorgenommen wird, der die Daten verarbeitet. Soweit sich eine Videoüberwachung auch nur teilweise auch von den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich außerhalb der privaten Sphäre desjenigen gerichtet ist, der die Daten auf diese Weise verarbeitet, kann sie nicht als eine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit im Sinne der Richtlinie, hier Art. 3 Abs. 2 angesehen werden.
Ob trotz dieser Entscheidung des EuGH eine Verwertbarkeit angenommen werden kann ist durchaus fraglich. Es ist abzuwarten, wie sich weitere Oberlandesgerichte hierzu verhalten werden.